
Lüftungskonzepte nach energetischen Sanierung: Ihr Rategeber zur kontrollierten Wohnraumlüftung
Nach einer energetischen Sanierung ist richtiges Lüften entscheidend: Dichtere Fenster und verbesserte Dämmung verringern den natürlichen Luftaustausch, wodurch Feuchtigkeit und Schimmelgefahr steigen. Moderne Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung sorgen automatisch für frische Luft, regulieren die Feuchtigkeit, senken Heizkosten und erfüllen gesetzliche Vorgaben. In diesem Artikel erfahren Sie alles, was Sie zu Lüftungskonzepten, Vorteilen und Fördermöglichkeiten wissen müssen.

Warum wird Lüften nach der Sanierung zur Pflicht?
Gesetzliche Grundlagen und Normung
Die DIN 1946-6:2019-12 schreibt bei bestimmten Sanierungsmaßnahmen ein verbindliches Lüftungskonzept vor. Dies gilt insbesondere bei:
- Austausch von mehr als einem Drittel der Fenster
- Dämmung von mehr als einem Drittel der Dachfläche
- anderen lüftungstechnisch relevanten baulichen Veränderungen
Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) 2024 definiert zentrale Abluftanlagen mit geregelten DC-Ventilatoren als Referenzsystem. Für Neubauten wird mindestens der Effizienzhaus-55-Standard gefordert.
Die vier Lüftungsstufen nach DIN 1946-6
Kritische Parameter für die Raumluftqualität
CO2-Konzentration als Leitparameter:
- Unter 1000 ppm: Gute Raumluftqualität
- 1000-1400 ppm: Befriedigende Luftqualität
- Über 2000 ppm: Gesundheitlich bedenklich
Moderne CO2-gesteuerte Regelung ermöglicht bis zu 80% Energieeinsparung gegenüber kontinuierlicher Lüftung durch bedarfsgerechte Aktivierung.
Schimmel vermeiden nach Sanierung: Die technischen Grundlagen
Nach einer energetischen Sanierung steigt das Risiko für Schimmelbildung deutlich, wenn kein kontrolliertes Lüftungssystem vorhanden ist. Dichtere Gebäudehüllen reduzieren den natürlichen Luftaustausch – Feuchtigkeit aus Kochen, Duschen oder Atmen bleibt länger im Raum und kann an kühlen Oberflächen kondensieren.
Entstehungsbedingungen von Schimmel
Schimmelsporen sind überall vorhanden, wachsen aber nur unter bestimmten Bedingungen:
- Kritischer Feuchtewert: Ab etwa 80 % relativer Luftfeuchtigkeit setzt das Wachstum sicher ein – ein Wert, der in sanierten Gebäuden ohne Lüftung schnell erreicht werden kann.
- Optimaler Bereich: 40–60 % relative Luftfeuchtigkeit sind ideal für Wohnräume.
- Präventive Steuerung: Automatische Lüftungssysteme reagieren bereits ab ca. 65 % relativer Luftfeuchtigkeit.
- Oberflächentemperaturen: Werte unter 16–18 °C erhöhen das Schimmelrisiko, insbesondere an Außenwänden und in Raumecken.
Bauphysikalische Zusammenhänge
Bei einer Raumtemperatur von 22 °C und 50 % relativer Luftfeuchtigkeit liegt der Taupunkt bei rund 11 °C – unterschreiten Wandoberflächen diesen Wert, kommt es zur Kondensation. Kritisch ist jedoch bereits die sogenannte Schimmeltemperatur von etwa 14,5 °C, bei der langfristig ein erhöhtes Risiko besteht. Eine Kombination aus hochwertiger Wärmedämmung und bedarfsgeregelter Lüftung eliminiert diese beiden Risikofaktoren zuverlässig.
Technische Lösungsansätze
Moderne, energieeffiziente Lüftungssysteme bieten heute umfassenden, nutzerunabhängigen Schimmelschutz:
- Feuchtegesteuerte Außenluftdurchlässe mit automatischer Luftmengenregelung
- Intelligente Steuerungen mit Temperatur-, Feuchte- und CO₂-Sensoren
- 24/7-Betrieb mit automatischer Anpassung an die aktuellen Raum- und Wetterbedingungen
- Vollständig nutzerunabhängige Funktionsweise für gleichbleibend hohe Luftqualität
Richtig geplant und installiert, sorgen solche Systeme nicht nur für dauerhaft schimmelfreie Wohnräume, sondern verbessern auch die Raumluftqualität und reduzieren Heizkosten durch integrierte Wärmerückgewinnung.
Zentrale vs. dezentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
Prinzipiell lässt sich zwischen zwei Systemlösungen unterscheiden. Zentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung versorgen das gesamte Gebäude über ein Kanalsystem mit Frischluft und erreichen sehr hohe Effizienzwerte, eignen sich jedoch vor allem für Neubauten oder Kernsanierungen, da der Einbau aufwendig ist. Dezentrale Anlagen arbeiten mit einzelnen Geräten in den Außenwänden, sind schneller und günstiger zu installieren und damit ideal für bewohnte Bestandsgebäude, erreichen jedoch meist etwas geringere Wärmerückgewinnungsgrade.
Systemvergleich im Detail
Zentrale Lüftungsanlagen
Zentrale Systeme eignen sich optimal für Neubauten oder Kernsanierungen mit verfügbarem Platz für Kanalsysteme. Ein Zentralgerät versorgt das gesamte Gebäude über Luftkanäle mit nur zwei Außenwanddurchführungen.
Vorteile:
- Höchste Wärmerückgewinnungsgrade bis 98%
- Sehr geringe Geräuschentwicklung
- Zentrale Steuerung und Wartung
- Optimal für große Wohnflächen
Nachteile:
- Hoher Installationsaufwand
- Kanalsystem erforderlich
- Höhere Anschaffungskosten
- Professionelle Wartung notwendig
Dezentrale Lüftungsanlagen
Dezentrale Systeme ermöglichen einfache Nachrüstung in bewohnten Objekten durch einzelne Geräte pro Raum mit jeweils einer Kernbohrung (160-225mm Durchmesser).
Vorteile:
- Schnelle Installation in 1-2 Tagen
- Keine Kanäle erforderlich
- Niedrige Gesamtkosten
- Eigenwartung möglich
- Flexible Nachrüstung
Nachteile:
- Geringere Wärmerückgewinnung
- Höhere Geräuschentwicklung
- Mehrere Außenwanddurchbrüche
- Raumweise Installation
Technologien der Wärmerückgewinnung
Übersicht der Wärmetauscher-Systeme
Energieeinsparung in der Praxis
Hocheffiziente zentrale Anlagen der neuesten Generation erreichen 90-98% Wärmerückgewinnung und sparen bei einem 120m²-Haus 1.800-3.000 kWh Heizenergie pro Jahr. Bei aktuellen Energiepreisen entspricht dies 180-450 Euro jährlicher Ersparnis.
Innovative Ansätze
Rotationswärmetauscher mit 5-20 Umdrehungen pro Minute erzielen nicht nur 85-95% Effizienz, sondern ermöglichen zusätzlich Feuchterückgewinnung für optimales Raumklima ohne übermäßige Trockenheit im Winter.
Kosten und Förderung 2024/2025
BAFA-Förderung im Detail
Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) unterstützt Lüftungsanlagen großzügig:
KfW-Ergänzungsfinanzierung
KfW-Programme ergänzen die Förderung optimal:
- Ergänzungskredit 358/359: Bis 120.000 Euro zu vergünstigten Zinsen
- Zinsvorteil: Bis 2,5% bei Einkommen unter 90.000 Euro
- Kombinierbar mit BAFA-Zuschüssen
- Effizienzhaus-Sanierungen: 15-45% Tilgungszuschuss
Wirtschaftlichkeitsrechnung
Beispiel dezentrale Lüftung:
- Investition: 4.000 Euro
- Abzüglich 20% Förderung: 3.200 Euro Eigenanteil
- Jährliche Einsparung: 250 Euro
- Amortisation: 12-13 Jahre
- Gewinn nach 20 Jahren: 2.800 Euro
Beispiel zentrale Lüftung:
- Investition: 12.000 Euro
- Abzüglich 20% Förderung: 9.600 Euro Eigenanteil
- Jährliche Einsparung: 400 Euro
- Amortisation: 16 Jahre
- Gewinn nach 20 Jahren: 1.600 Euro
Installation und praktische Umsetzung
Dezentrale Nachrüstung
Dezentrale Nachrüstung erfolgt in 3-4 Stunden pro Gerät mit Kernlochbohrung und Stromanschluss - eine komplette 80m²-Wohnung wird in 1-2 Arbeitstagen ausgerüstet, ohne dass Bewohner ausziehen müssen.
Installationsschritte:
- Positionsplanung und Genehmigungen
- Kernlochbohrung (160-225mm Durchmesser)
- Gerätemontage und Stromanschluss
- Inbetriebnahme und Programmierung
Zentrale Nachrüstung
Zentrale Nachrüstung erfordert mehrere Wochen für Kanalsystem und Zentralgerät, ideal während umfassender Sanierungsmaßnahmen mit temporärer Auslagerung.
Wartung und Pflege
Wartungsvorteile moderner Systeme:
- Smart Home Integration mit App-Steuerung
- Automatische Filterwechsel-Erinnerungen
- Ferndiagnose und Over-the-Air Updates
- Sprachassistenten-Kompatibilität (Alexa, Google Assistant)
Marktführer und Produktempfehlungen
Premium-Systeme zentral
Top-Systeme dezentral
Anwendungsszenarien
Ob Fenstertausch, Komplettsanierung oder einzelne Modernisierungsmaßnahmen – für jede Ausgangssituation gibt es das passende Lüftungskonzept. Die folgenden Beispiele zeigen typische Szenarien, welche Lösungen sich anbieten und mit welchen Kosten Sie rechnen können.
Zukunftstrends und Innovation
KI-gesteuerte Lüftungssysteme verändern die Gebäudetechnik grundlegend. Durch Machine Learning und Predictive Analytics passen sie sich automatisch an das Nutzungsverhalten an und reagieren vorausschauend auf Veränderungen der Luftqualität. Das senkt ungeplante Ausfälle um 30–50 % und sorgt für konstant hohe Raumluftqualität.
Wichtige Technologien im Überblick:
- Machine Learning: erkennt Muster im Nutzungsverhalten und optimiert den Betrieb
- Predictive Analytics: prognostiziert Luftqualitätsentwicklungen und steuert frühzeitig gegen
- IoT-Sensornetzwerke: kontinuierliches Monitoring von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, CO₂ und Schadstoffen
Luftreinigung der nächsten Generation
Neben der reinen Lüftungsfunktion bieten moderne Systeme hochwirksame Luftreinigungstechnologien:
- UV-C-Technologie (254 nm): eliminiert Viren, Bakterien und Schimmelsporen ohne Filter
- Plasma-Systeme: bauen flüchtige organische Verbindungen (VOC) ab und beseitigen Gerüche
Energie- und Sektorkopplung
Die intelligente Einbindung in das Energiesystem des Gebäudes steigert Effizienz und Eigenverbrauch:
- SG-Ready-Schnittstellen zur Kommunikation mit Wärmepumpen und Energiemanagementsystemen
- Photovoltaik-Kopplung: erhöht den Eigenverbrauch von Solarstrom von ca. 30 % auf bis zu 70 %
- Batteriespeicher-Integration: ermöglicht bis zu 60 % Autarkie
Echtzeit-Optimierung mit Edge Computing
Durch lokale Datenverarbeitung werden Entscheidungen – z. B. Anpassung der Luftwechselrate oder Zuschalten der Luftreinigung – in Millisekunden getroffen, ohne Verzögerung durch Cloud-Server.
Fazit: Investition in Gesundheit und Effizienz
Lüften nach der Sanierung ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Investition mit hohem Mehrwert. Moderne Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung verbinden automatischen Schimmelschutz mit deutlichen Energieeinsparungen und spürbarer Komfortsteigerung.
- Dezentrale Lüftungssysteme eignen sich besonders für bewohnte Sanierungsobjekte. Sie lassen sich in 1–2 Tagen installieren und kosten ab ca. 4.000 Euro.
- Zentrale Systeme bieten maximale Effizienz von bis zu 98 % und sind ideal für Neubauten oder Kernsanierungen. Die Gesamtinvestition liegt hier bei etwa 9.000–16.000 Euro.
Die Zukunft gehört intelligenten Lösungen mit KI-Steuerung, UV-C-Luftreinigung und Predictive Maintenance. Solche Systeme steigern nicht nur die Luftqualität, sondern sichern langfristig den Immobilienwert und reduzieren Betriebskosten.
Nutzen Sie die aktuell attraktive Förderkulisse und lassen Sie sich von einem Fachbetrieb ein individuelles Lüftungskonzept erstellen. So wird aus einer gesetzlichen Verpflichtung eine echte Chance für mehr Wohnkomfort, Energieeffizienz und Werterhalt.
Noch mehr Energiekosten sparen?
Unsere Experten beraten Sie zu Ihrem optimalen Energiesystem.
